Mehr geht nicht! Wenn Anna Petutschnigg über die World Games und ihre Teilnahme spricht, merkt man schnell, wie viel der Tirolerin selbige bedeutet. „Inline-Skating ist nicht olympisch, das ist unsere höchste Stufe, unser wichtigstes Event. Und für mich persönlich ist es eine unglaublich große Ehre, dass ich in Chengdu starten darf. Ich hätte mir nie gedacht, dass ich mal bei den World Games teilnehmen kann.“ Übrigens als erste Österreicherin im Inline-Speedskating, schreibt die 23-Jährige vom SC-Lattella Wörgl auch ein kleines Stück heimische Sportgeschichte. „Das ist ein riesiger Motivationsschub, so eine intensive Saison überhaupt durchzustehen.“
Sport Austria Finals, Europameisterschaft, World Games und Weltmeisterschaft – ein Highlight jagt das nächste. Ihre Premiere bei der größten Multisport-Veranstaltung für nicht-olympische Sportarten wird Petutschnigg jedenfalls voll auskosten. Fünf Starts sind in Chengdu geplant, zwei auf der Straße, drei auf der Bahn. „Ich habe mich über die Langstrecke qualifiziert, freue mich auf jedes einzelne Rennen.“ Abgesehen vom Sprint – über die 1.000 m gehen 30 Damen ins Rennen – sind maximal 15 Damen mit dabei. Vorteil Petutschnigg: „Es werden ganz andere Rennen als zum Beispiel bei einer EM oder WM, wo drei beziehungsweise zwei Athletinnen pro Nationen starten dürfen. In Chengdu ist es nur eine Person, ich kenne das von allen internationalen Wettkämpfen, das kann mir in die Karten spielen“, ist für die passionierte Schnellfahrerin alles möglich. „Das macht unseren Sport so spannend!“
Ein zusätzliches Spannungselement bieten die beiden Rennstrecken. Während auf der Straße „ein klassischer Kurs“ wartet, ist die Bahn völliges Neuland – und das wird auch so bleiben. „Wir dürfen die Bahn vor dem Rennen nur einmal betreten, bei der Besichtigung nach den Straßen-Rennen. Das heißt, man muss sich schnell anpassen, aber das sollte mir eigentlich liegen.“
Petutschnigg, die schon im Alter von zwei Jahren ihre ersten Inline-Skates angezogen hat, liebt das Gefühl auf acht Rollen, wenn Technik und Kraft bei Geschwindigkeiten von rund 50 km/h zu dieser ganz besonderen Eleganz verschmelzen. „Da geht nichts drüber!“ Dass ihre Schwester Nadja, einst Trainingspartnerin und heute Trainerin, begleitet die Jus-Studentin nach China. „Ich bin ein absoluter Familienmensch, deshalb macht es die ganze Erfahrung umso schöner, dass ich sie mit ihr teilen kann.“ Auch der Rest der Familie ist mit dem Inline-Virus infiziert, ihre Eltern, Bruder Thomas und Schwester Nina werden daheim vor dem Live-Stream die Daumen drücken. „Diese Unterstützung ist unglaublich wertvoll.“
Die Europameisterschaft hat Petutschnigg voll aus dem Training heraus gemacht, als Vorbereitung für die World Games, als Test für Form und Material. Sechs bis sieben Sätze mit jeweils acht Rollen für die unterschiedlichen Bedingungen kommen ins Gepäck, dazu Ersatzschienen, Equipment, einfach um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein. Nur die Skates gibt die Wörglerin nicht aus der Hand, die kommen ins Handgepäck: „Wenn die verloren gehen, habe ich ein Problem. Zum Glück ist das bis jetzt noch nie passiert.“
Und sollte doch etwas außerplanmäßig verlaufen, ist die dreifache Staatsmeisterin 2025 auch dafür gerüstet. „In der Weltspitze ist die Luft dünn, da spielt die mentale Komponente eine große Rolle“, arbeitet Petutschnigg seit längerem mit Sportpsycholog:innen zusammen. Das Ergebnis: ihre Einstellung zum Sport und zu Großereignissen wie den World Games. „Ich werde so gut vorbereitet sein, dass ich Chengdu und das ganze Drumherum genießen kann. Es ist ein einmaliges Erlebnis, das gibt mir eine unglaubliche Energie, mit der alles viel leichter geht. Und wenn ich mit Spaß an die Startlinie gehe, dann habe ich sowieso schon gewonnen!“