"Verdammt, die World Games." Lisa Fuhrmanns erste Gedanken nach dem riesigen Schock im August des Vorjahres. Ein harmloser Trainingskampf, ein seitlicher Sprung ins Knie - Kreuzbandriss. Die Diagnose traf die 23-jährige Burgenländerin mit voller Wucht. Nicht nur, weil damit ein monatelanger Reha-Marathon bevorstand, sondern auch, weil der Traum von den World Games in Chengdu zu platzen drohte.
Fuhrmann hatte sich fest vorgenommen, sich erneut für das weltweit bedeutendste Event im Jiu-Jitsu zu qualifizieren. "Für uns sind die World Games wie die Olympischen Spiele. Das ist das Größte, was es in meinem Sport gibt." Dass sie jetzt überhaupt in Chengdu auf der Matte stehen kann, grenzt an ein kleines Wunder. Denn die Qualifikation für die World Games war nach dem Kreuzbandriss eigentlich schon abgeschrieben.
Doch Fuhrmann wagte das Risiko: Sie trat bei der WM in Griechenland mit dem lädierten Knie an. Mit viel Schmerz, Mut und Willenskraft holte sie sensationell Silber - und die entscheidenden Punkte fürs World-Games-Ticket. “Mental war es eine riesige Herausforderung. Aber ich habe mich durchgebissen.”
Kurz nach der WM folgte im vergangenen Oktober die notwendige OP, erst im Mai die Rückkehr auf die Matte. Nach einer kurzen, intensiven Trainingszeit reist Fuhrmann nun mit großen Ambitionen zu den World Games. “Das große Ziel ist eine Medaille, bestenfalls Gold.”
Besonders emotional wird das Turnier in China auch deshalb, weil Fuhrmann diesmal nicht alleine ist: Ein Fanclub begleitet sie nach Chengdu - Familie, Freund:innen und Wegbegleiter:innen, die ihr über Jahre den Rücken gestärkt haben. “Das gibt mir zusätzliche Energie. Allein der Gedanke, dass sie in der Halle sitzen und mitfiebern, macht das Ganze noch spezieller.”
Abseits der Wettkämpfe will die Polizistin auch Land und Leute kennenlernen. "Ich will das Land erleben, seine Menschen und Geschichte. Man hat nicht oft die Gelegenheit, so weit zu reisen, ich will das aufsaugen." Die Kultur Chinas, die Sprache, die Küche, das Alltagsleben - all das fasziniert sie.
Vor drei Jahren erlebte sie in Birmingham ihre World-Games-Premiere, damals kam das Aus bereits im ersten Kampf. Diesmal soll es ganz anders laufen - und mit einem Podestplatz klappen. Auch, um die sportliche Geschichte der Familie Fuhrmann fortzuschreiben: Schwester Anna und Vater Ferdinand holten bereits WM-Gold, eine Medaille bei den World Games fehlt den Fuhrmanns noch.